[Hintergrund: Für „Kunst, Kommerz & Kinderkriegen“ habe ich viele Interviews mit Kreativen geführt, die schon einige Arbeitssysteme erlebt hatten – und in ihrem aktuellen sehr glücklich wirken. Für das Buch waren sie zu lang, daher sammel‘ ich alle ungekürzt hier.]
Heute also: German Wahnsinn! Ein Musik- und Ton-Studio direkt an der Reeperbahn in Hamburg. Gegründet 2011 von Eduardo Garcia, Philipp Feit, Ralf Lippmann und Michael Berg und so erfolgreich, dass es mittlerweile sieben Studios hat.
Besonders spannend für dieses Buch fand’ ich Eduardo Garcia, da er bereits mit 21 Jahren eine Karriere in einem Top-Studio abgebrochen hat, um mit 23 sein erstes eigenes Studio zu gründen und jahrelang mit Bands und Musikern produziert, einen Verlag gegründet und u.a. Tonmeister ausgebildet. Und eben später, gemeinsam mit den anderen Jungs, German Wahnsinn gegründet.
Warum hast du damals dein erstes eigenes Studio gegründet?
Eduardo Garcia: Weil es so kommen sollte. Ich hatte den fancy neuen Studiengang in Sachen Ton im Berlin der Anfang 90er abgebrochen, weil ich einen Praktikumsplatz in einem der besten Studios Deutschlands bekam und nach einem Jahr gemerkt: Da muss es noch etwas anderes geben, das kann nicht alles gewesen sein. Ich merkte, wie es mein soziales Umfeld nicht mehr interessiert, was ich da so erlebte. Und damals waren ja auch die großen Stars noch da – sowohl in der Werbung als auch in der Musik. Ich hab tagsüber angesagte Werbung kennengelernt und nachts bin ich dann wieder ins Studio gekrochen und hab‘ mit verrückten Muckern gearbeitet. Ich bin damals total delighted zu meinen Kumpels gegangen und hab denen von meinem irren Leben erzählt – das fanden sie ein-zwei Monate gut und danach meinten sie „Du, das ist langweilig, was du da erzählst“. Die haben einfach nicht verstanden, was das alles soll.
Die haben die Werbewelt nicht verstanden?
Eduardo: Nein, die ganze Arbeitswelt in der ich war. Dieses „Morgens um 9 hin und jeden Tag bis open End“. Ich werd‘ das nie vergessen. Im Kalender stand immer Beginn 9 Uhr und ein langer Strich und dann „o.e.“. Das war die Arbeitsweise. Und dann hab‘ ich auch die anderen Leute gesehen, die so schon lange gearbeitet haben. Das als erste Perspektive fürs startende Arbeitsleben? Hab‘ alles hingeschmissen und war dann erst mal Saisonkraft bei einer Fluggesellschaft und hab mir die Welt angeguckt.
Ralf Lippmann (Mitgründer): Ach, das war mir gar nicht so klar. Du hattest schon ein komplettes Studio?!
Eduardo: Ich hatte mit Anfang 20 eigentlich schon alles auf dem Servierteller. Karriereleiter war klar. Juniortonmeister in einem Top-Studio. Ich hatte die besten Leute um mich rum, die damals u.a. mit – Faith No More, Peter Gabriel, Peter Maffay, Stevie Wonder arbeiteten– alles war da. Ich bin da damals rein und dachte: das ist ja fantastisch hier. Wilde Zeit.
Die erste Ansage der Chefs hat mich tief beeindruckt: „Du bist dabei, aber dann hör‘ auf mit diesem Studium. Das schafft nix in dieser Branche. Das kannst du jetzt gern noch drei Monate weitermachen, aber hier wird gearbeitet!“ Das war schon eine sehr demütige Zeit. Na ja, ist heut ja nicht anders…
Aber wie gesagt, dann nach etwas mehr als einem Jahr raus. Ich bin nur noch mit Bauchschmerzen zur Arbeit gegangen. Ständig dieser Zweifel, ist es das wirklich? Habe über die Jahre ein zwei alte Kollegen wiedergetroffen, die es erst nach 20 Jahren merkten und gerissen hat – und mit Burnout ausgestiegen sind.
Harte Randnotiz.
Ralf: Die Kontrollgruppe hat’s quasi nicht geschafft.
Eduardo: Ja, wirklich. Schlimm eigentlich. Weitermachen ist halt oft bequemer. Ich hab’ damals meiner Mutter gesagt, du ich glaub’, ich schmeiß’ alles wieder hin.
Und was sagt Mutter?
Eduardo: Die konnte das alles nicht begreifen – war ja alles sicher. Aber mein Vater meinte, Ok, versteh‘ ich, mach‘ mal. Und dann kam irgendwann dieser Schicksalsanruf. Dann rief ein alter Studio- und Uni-Kollege an, der auch heute noch sehr erfolgreich unterwegs ist und fragte damals: Ich hab’ hier so eine Produktion, willst du die machen? Aus dem kurzen Anruf sind neun Monate Produktion geworden, in denen ich als Freelancer gearbeitet hab‘. Da hab ich das erste Mal richtig Geld verdient, mit Tagessätzen und so. Aber auch da selbstverständlich geschrubbt wie ein Verrückter – weil ich’s auch gar nicht anders kannte. Ich hatte das nie kennen gelernt „jetzt ist 18 Uhr, jetzt ist Feierabend“.
Und dann landete dort ein Fax mit der Überschrift „Studio zu verkaufen“. Das von Werner Böhm (aka Gottlieb Wendehals). Das hab’ ich meiner Frau gezeigt. Wir gingen abends Essen und sie spiegelte mir zurück: Das ist dein Ding. Mach‘ das. Ok, ja, aber ich hab’ gar kein Geld. 140.000 Mark sollte das kosten. Ich hatte vielleicht 10.000. Aber egal: Morgens voller Überzeugung und Rückendeckung aufgestanden, angerufen und gesagt: Ich kauf‘ das Studio! Und die Verkäufer: Alles klar! Aber du kommst schon noch zum Angucken oder? (lacht) Dann mit meinem Vater als Bürgen zur Bank, zwei Kumpels gefragt, ob sie dabei sind? Ok, wenn du daran glaubst, dann machen wir das. Und dann sind die mitgegangen, 10 Jahre wilde Zeit…
Hast du eine Lehre aus dieser ganzen Zeit?
Eduardo: (Überlegt lange) Reflexion ist enorm wichtig. Auch auf alte Kollegen, mit denen du damals gestartet bist. Alle hatten verschiedene Lebenswege und du siehst, was aus denen geworden ist und was die heute ausstrahlen – das finde ich ganz wichtig und lehrreich. Die Frage an sich selbst: ist das Ok gewesen, was du gemacht hast oder machst? Bist du glücklich dabei? Oder bist du in einem einzigen Selbstzweifel unterwegs und denkst, was machst du hier eigentlich? Das hilft enorm.
Ich hab‘ vor kurzen erst zwei Kollegen getroffen, die waren auch mal einige Jahre sehr erfolgreich, aber heute ist da so eine Nüchternheit eingekehrt. Das war alles sehr kühl. Und wenn die Leidenschaft stirbt…
Klingt nach der Tagesgeschäft-Falle.
Eduardo: Genau. Die Tagesgeschäft-Falle ist schlimm! Damit haben wir uns auch hier sehr viel beschäftigt. Wir fragen uns immer wieder: frisst das auf? Und wenn es auffrisst, muss man sich bemühen, dass da eine Veränderung statt findet. Und zwar stetig.
Ralf: Ich hatte mal mit Philipp (Feit, auch Geschäftsführer) darüber geredet. Wir standen zusammen mit einem alten Studio-Haudegen und haben über Musik geredet. Und immer war die Antwort so „joaa, ist ganz nett aber …“. Und danach meinten wir nur zu uns: Hoffentlich kommen wir da nie hin, dass wir mal so über Musik reden. So satt. Schublade auf, fertig. Man merkt auch selbst, wie einen das einholt. Damals warst du Feuer und Flamme, wenn deine Band in der Stadt war. Und ich muss sagen, dass ich erst ein Jahr nach unserer Gründung wieder dazu in der Lage war. Jetzt genieß‘ ich das auch wieder auf Konzerte zu gehen. Eine Zeitlang hatte ich das gar nicht mehr.
Diesen „Joah, ganz nett“-Effekt gibt’s in der Werbung aber auch. Vermutlich überall.
Eduardo: Ja den gibt’s überall! Davor muss man sich hüten. Nicht nur für sich, aber auch davor anderen Leuten die Motivation und Energie zu rauben. Da stellt man sich auch auf ein Niveau, was man nicht inne hat. Man meint ja nur, es inne zu haben. Das ist sehr gefährlich.
Deswegen ist es auch so wichtig, miteinander und anderen zu reden. Und auch zu kritisieren. Damit man das überhaupt reflektiert bekommt. Wenn du nur Leute um dich hast, die dir sagen „klasse, hast du toll gemacht“, da musst du ganz vorsichtig sein. Da arbeitet man schnell in einer Blase, die zwar ganz angenehm ist, aber keinen wirklich interessiert.
Manchmal wird da ein Reklame-Graus auf die Menschheit losgelassen, bei dem man sich nicht wundern muss, warum jeder da draußen von Werbung genervt ist. Und dann beginnt oft das Schönreden: „Die Kampagne sieht jetzt jeder in Deutschland!“ Man klammert sich an den letzten Strohhalm, also z.B. eingekaufte Sichtbarkeit, und sagt „das ist doch eine super Leistung von uns!“ Da muss sich einer hinstellen und sagen, nein Leute, dass war Mist. Es war vielleicht nicht unsere persönliche Schuld, aber wir waren in diesem Prozess und der war Mist. Und jetzt sollten wir darüber nachdenken, wie das passieren konnte und wie wir das nächstes Mal besser machen.
Eduardo: Als Dienstleister ist man ja kein Leibeigener. Und wenn doch, sollte man vielleicht etwas daran ändern.
Sonst gehört man zu den 15%, die innerlich gekündigt haben.
Eduardo: Das ist genau das Ding. Wenn Geld dein einziger Antrieb ist, ist man eigentlich kein Kreativer mehr. Wichtig zum Thema Motivation ist aber auch, dass man anerkennt, wenn etwas gut geworden ist (meist die „unbekannten Jobs“:). Diese Reflexion ist so wichtig, dass wir jetzt einen internen Prozess bei uns haben, bei dem wir uns intern spiegeln – sozusagen das Paradoxon „Qualitätsmanagement in der Kreativwirtschaft“. Das lassen wir von einem externen Spezialisten moderieren. Echt anstrengend, aber spannend.
Egal ob gut oder schlecht, man sollte es einfach selber merken und aussprechen.
Eduardo: Diese Reflexion ist so wichtig, dass wir jetzt einen internen Prozess bei uns haben, bei dem wir uns ständig intern spiegeln. Das lassen wir von einem externen Spezialisten moderieren. Das ist echt anstrengend, aber das ist super.
Reflexion ist immer super. Als Freelancer bekommt man ja viel mit. Firmen in denen gefühlt ganz viel im Argen liegt, bei denen sogar Freelancer am zweiten Tag in den Läster-Flurfunk eingebunden werden, weil offensichtlich soviel erzählt werden muss – das sind genau die Firmen, bei denen die Chefs meinen, die brauchen solche Kontroll-Tools für die Stimmung nicht.
Ralf: Da stimmt aber auch meist das ganze Wertesystem nicht. Heute steht man mit einem Burnout oft als Held der Arbeit da. Da müsste man doch ansetzen. Diese Einstellung ist ja schon ungesund.
Das Dumme ist, wer so tief drin steckt, das Burnout-Gefahr besteht, verdient oft so viel Geld – dass es verdammt schwierig ist da auszubrechen und erst mal deutlich weniger zu verdienen.
Eduardo: Aber die Entscheidung ist frei. Das ist genau das, was ich nie hab zählen lassen. Egal mit welchem Kollegen ich mich unterhalten habe. Kündige. Mach’ was anderes. Ist mir egal, aber langweile mich nicht zu Tode mit deiner Geschichte.
Ralf: Ich finde ja auch witzig, wie viel Schulterklopfer jemand bekommt, wenn er gekündigt hat.
Die erste Reaktion auf Kündigungen in jeder Agentur war immer: Glückwunsch, bin ein bisschen neidisch.
Eduardo: Nicht nur in der Agentur. Das war auch das, was ich immer zu hören bekam. „Würde ich auch gern machen.“ Mach doch. Welche Verpflichtung hast du denn? … Gut, man muss sich vorher einmal selbst fragen, ob du in der Lage bist selbstständig zu sein, das Risiko tragen möchtest, nicht zu wissen, wie du am nächsten Ersten deine Miete zahlst, die KITA, etc…. Die Frage kommt dann halt. Kann ich das? Ich hab’ auch viele Leute kennengelernt, die das nicht konnten. Und die das aber auch akzeptiert haben. Das ist dann ja bestens. Die sagen dann „das ist überhaupt nicht mein Ding. Das krieg ich nicht hin“ und dann sind die aber auch zufrieden mit dem, was die da machen. Arm dran sind die mit der ewigen Leier „ich würde ja gern, aber ich brauch schon mindestens soundsoviel Geld zu Leben, dann würde ich ja … – alles Quatsch!
Ralf: Sicherheit halt.
Wobei ich das Argument nie verstanden hab. Als Festangestellter bist du abhängig von einer Person, bzw. einer Geschäftsleitung. Die kann dich entlassen. So. Und wenn ich selbstständig bin, dann hab’ ich doch, ich sag mal, mindestens zwei Kunden und vermutlich eher zehn. Die Wahrscheinlichkeit, dass alle zehn gleichzeitig kündigen oder weg sind, ist doch viel geringer.
Ralf: Man darf das aber auch nicht von der wirtschaftlichen Entwicklung trennen. Das ist heute halt auch anders. Meine Mutter hat bei der Sparkasse angefangen und ist bei der Sparkasse in Rente gegangen. Das ist, wie wir alle das Arbeitsleben kennengelernt haben. Von daher ist die Festanstellung in unseren Köpfen vermeintlich das sicherere. Einfach nur, weil man das so gelernt hat.
Eduardo: Letztendlich kommt jeder an seine Yellow Line und muss sich fragen, Ok, durch welches Gate gehst du? Deswegen hast du ja diese großen Abstütze von Leuten die meinen, sie dazu fähig sind. Das hat auch bei sehr vielen nicht geklappt.
Ralf: Und woran scheitert das dann?
Eduardo: Schwierig. Also es ist nicht nur Empathie und Netzwerk. Das ist wirklich ein Sammelsurium als Fähigkeiten. Buchhalterisches Grundwissen – oder jemand der sich darum kümmert.
Ralf: Ein Gefühl für Geld.
Eduardo: Ich erinnere mich noch an den ersten Zettel von der Handelskammer. Da stand: Achten Sie darauf, rechtzeitig die Rechnungen zu schreiben. Und dann steht man da mit 23 und denkt sich: Ist klar, ich will hier Rockstar werden! Tja. Das sind diese schlechten Erfahrungen, die man dann halt machen muss. Allein um das einschätzen zu können, wie man verhandelt und ja: unternehmerisch denkt.
Meinst du, man sollte vorher Erfahrungen in Firmen sammeln?
Eduardo: Keine Ahnung. Die Erfahrung aus der Festanstellung bringt dir möglicherweise nichts, weil du ja als Kreativer kaum mit Geld zu tun hast. Du musst selbst erfahren: Was war die Leistung wert und was kann ich dafür verlangen? Gucken die mich doof an, wenn ich den Preis sage? Oder verkauf’ ich mich immer unter Wert? Abschätzen zwischen „den Job will ich unbedingt machen, weil der mich kreativ erfüllt“ und der andere „ist auch gut – der bringt mich vielleicht strategisch oder finanziell weiter, ist aber kreativ gesehen eher mau“. Ganz wichtig ist die stetige Reflexion und jemand der dir das zurückspielt oder sagt: Pass mal auf, du musst dich mal neu sortieren oder konzentrier‘ dich mal auf das Jetzt.
Man muss auch bei allem Business aufpassen, dass man die Kreativität nicht verliert. Zum Beispiel ein sich selbst vermarktender Künstler. Heute lernt man öfter solche Leute kennen. Die sind 18, 19, haben alles gelesen, sind perfekt informiert über alles – böse Plattenindustrie, ich muss da mein Geld holen, ich muss hier mein Geld holen – Investor hier, Agent da. Wenn die sich zu viel mit Geldverdienen beschäftigen, sind die auch nicht mehr wirkliche Künstler. Und dann verlieren die ganz viel. Auch nach außen, ohne das sie es merken.
Ralf: Also der wahre Künstler lässt sich übern Tisch ziehen! (lacht)
Eduardo: Nein, aber die sollen sich einen Vertrauten schnappen.
Die ganzen Online-Startups grade scheitern zu 90% daran, dass sie vor lauter kreativer Euphorie vergessen, wie sie mit ihrem Zeug Geld verdienen. Dann zitieren die immer Facebook, Google oder sonst wen, die angeblich erst mal jahrzehntelang nichts verdient haben, weil sie die Welt verbessern wollten. Und plötzlich waren die Milliarden da. Gut, die USA ticken da generell anders, aber zu glauben, dass die so lange Zeit nicht ans Geldverdienen gedacht haben, sondern nur als Weltverbessern – das ist nicht nur naiv, das ist einfach gelogen.
Eduardo: Ja, total. Aber genau das strahlt ja auf die gesamte Kreativbranche. Ganz viele meinen, dass muss so sein.
Dabei macht’s das reichste Unternehmen von allen ja perfekt vor. Apple verkauft echte, haptische Produkte. Und zwar für so absurd viel Geld, dass man sich schon selbst einredet, dass sie wirklich klasse sind. Da wird die Qualität durch den Preis praktisch selbsterfüllend.
Eduardo: Das ist ja wie mit Unternehmensberatern, die für 2.500 Euro am Tag in eine Firma reingehen. Das Unternehmen redet sich das selber ein, dass die gut sind.
Ich merk’ das ja auch bei mir als Freelancer. Was ich plötzlich an Wertschätzung gegenüber meinen Ideen empfange, nur weil die jetzt soundso viel Geld am Tag wert sind, dass ist schon teilweise absurd. Ich hab’ ja nach dem Ausdenken immer auch einige aussortierte Ideen. Ich sag’ dann, die hatte ich halt auch, find ich nicht gut, aber wenn ihr noch Zeit habt, les’ ich die noch vor. Und dann wird da mit allen Beteiligten richtig Gas gegeben, um da noch irgendwas drin zu sehen. Ich denk’ mir dann, es kann mir doch keiner erzählen, dass die das gemacht hätten, wenn ich da noch 2-3.000 brutto im Monat verdienen würde.
Eduardo: Genauso ist das. Aber auch hier: Selbstreflexion! Die ist so wichtig. Du könntest da ja auch rausgehen und sagen „Yeah! Was bin ich fürn toller Typ!“. Und dann ist die spannende Frage: Wann fliegt man damit auf?
Ralf: Aber das ist ja das Ding. Man fliegt eben nicht auf, weil sie die Leute ja mit hochnehmen würden. Wenn da einer sagt, der Typ kann nichts, sagt er das auch gleichzeitig über sich, weil er den ja geholt hat und dem vertraut hat.
Auf der anderen Seite ist es immer schön zu sehen, wenn man mal die Arbeit von einem anderen Kreativen als Vergleich gesehen hat. Dann sieht man auch sehr oft, das viele andere diese Qualität in dieser kurzen Zeit eben nicht hinkriegen. Und dann denkt man sich eben: Och, meinen Tagessatz – den kann ich schon nehmen. Dann kann ich ganz objektiv bewerten, ich hab ja das Problem gelöst innerhalb der Zeit.
Eduardo: Das beantwortet ja auch die Frage „fühl ich mich zu klein in meiner Rolle – bin ich das alles wert“. Genau das gehört nämlich zum Selbstständigsein eben dazu. Die eigene Arbeit realistisch bewerten und verkaufen.
Da hatten wir mal einen Aha-Moment: Christine (meine Frau, auch Texterin) und ich hatten eine Woche Zuhause-Urlaub geplant und keine Buchungen angenommen. Dann kam eine Anfrage, die erst den doppelten – und später sogar den dreifachen Tagessatz geboten hat. Da haben wir dann gesagt: Okay, … dann mach‘ das jetzt und nächste Woche fahren wir richtig weg. Da dachten wir uns später: Moment mal – wie viel ist unsere Arbeit eigentlich wert? Wenn sich scheinbar sogar der dreifache Tagessatz rechnet.
Ralf: Abseits vom Geld muss man sich auch fragen: Wem überlässt du eigentlich die Wertschätzung deiner Arbeit? Darf ich selbst sagen, ich hab’ das gut gemacht? Oder muss das eine Jury machen?
Eduardo: Immer wieder diese Reflexion. Das gilt für das ganze Umfeld: Wer tut mir gut und wer gehört zum Geschäft? Wenn man das trennen kann, wird man auf lange Sicht glücklicher – auch nach open end.
Danke für eure Zeit!