In „Kunst, Kommerz & Kinderkriegen“ gibt es im Kapitel „Portfolio Tipps“ folgenden Abschnitt:

>>
KEINE KALAUER

Damit meine ich naheliegende, meist sehr platte Ideen, auf die man recht schnell kommt. Kurz: lausige Ideen. Hier meine persönliche Top 3:
Ein kleiner Taschenventilator mit den Worten:
„Sie brauchen frischen Wind in Ihrem Unternehmen?“

Eine Packung Streichhölzer oder ein Feuerzeug mit der Aufschrift:
„Zündende Ideen gefällig?“ oder auch
„Sie suchen Kreative, die brennen?“

Und spätestens seit der Art Directors Club Nägel als Auszeichnungen verleiht, sieht manches Personalbüro wie die Eisenwarenabteilung im Baumarkt aus.
„Sie brauchen jemand, der den Nagel auf den Kopf trifft?“
„Sie sind Hammer! Ich bin Nagel!“
„Durchschlagende Ideen gesucht?“

Jeder erfahrende Kreative legt so was mit fast mitleidiger Miene wieder zurück und sagt dem Personaler nur unauffällig „Eher nicht“ = Standardabsage.
Verlassen Sie sich auf die Qualität Ihrer Arbeiten. Ihr Portfolio muss keine „Extraidee“ haben. Auch das unterliegt zwar gewissen Portfolio-Trends, aber der Trend zur „Portfolio-Extraidee“ ist schon über 10 Jahre her – und es sieht nicht danach aus, als würde sie jemand vermissen.

Aber wie mit allen Ideen, gibt es auch hier keine Regel ohne Ausnahme. Es gibt nämlich natürlich auch gute Portfolio-Ideen. Die sind nur leider recht selten und fast immer sehr aufwendig.

Auf meiner Website habe ich in einem Blog-Post einige beeindruckende Beispiele gesammelt, die schon ihren Weg durch die (lobende) Fachpresse hinter sich haben.

(…)
<<

Und Sie ahnen es bereits – das hier ist der versprochene Blog-Beitrag mit den guten Beispielen. Viel Spaß dabei:

Robby Leonardi – Hat aus seinen Skills ein Jump’n Run Website-Portfolio gebaut. Und das ist sogar spielbar. (Externe Links sind ab jetzt immer hinter dem Screenshot.)

Philippe Dubost hat die Website von Amazon beeindruckt detailverliebt nachgebaut und bietet sich Produkt an (inkl. 5 Sterne Bewertung). Link.

Marius Fietzek – wollte bei den Adventure-Game Profis von Double Fine einen Job und hat dafür ein komplettes, spielbares Browser-Spiel entwickelt. Dank der Pixel-Grafik ist es erstaunlich zeitlos. Für mich als alten Adventure-Fan mein Portfolio-Favorit übrigens.

Adam Pacitti – hat ein Plakat inklusive passender Website an die Presse geschickt. Hat geklappt. (Diese Idee gab’s jetzt allerdings auch schon recht oft. Und besser wurde es leider nie 😉 

Brandon Kleinman – präsentiert sich per öffentlichem Facebook-Fotoalbum.  

Matthew Epstein – hat ein Video unter googlepleasehire.me veröffentlicht und es an die Presse geschickt. Das Video bekam zwar eine gewaltige Reichweite, aber von Google bekam er keinen Job – dafür einen anderen. Hier eine Zusammenfassung.  

Alec Brownstein – hat für wenige Dollar Google AdWords gebucht und gezielt die besten Kreativen der Welt angesprochen, wenn diese sich selbst googelten. 

Ed Hamilton – hat seine beruflichen Stationen inkl. kleiner Anmerkungen in eine Google Map eingetragen. 

Jeanne Hwangs – wollte bei Pinterest arbeiten und hat dort ein spezielles Board mit allen Infos zusammen gestellt. (Am aktuellen Zustand der Seite sieht man aber auch gut, dass so ein Layout nur bis zum nächsten Layout-Update hält. Dieses Problem hat auch die YouTube-Website von BooneOakley ereilt.) 

Gareth Cash – kombiniert analoge, digitale und Film-Skills in seinem handschriftlichen Lebenslauf als YouTube-Video.

Samuel Profetta – hat einen Milchkarton mit seinen Infos bedruckt und gleichzeitig seine Packungsdesign-Skills bewiesen.

Alle diese Portfolio-Ideen haben gemeinsam, dass sie schlau gedacht und sehr detailverliebt umgesetzt wurden. Hier geht es fast nicht mehr darum bestimmte Arbeiten darzustellen, sondern der Kreative selbst wird zum eigenständigen Case. Wer derart selbstbewusst mit sich selbst und der eigenen Marke umgeht, ist sofort interessant für Personalverantwortliche oder Art Buyer überall auf der Welt.

Übrigens nutzen fast alle Beispiele die zu der Zeit aktuellsten technischen Möglichkeiten. Das ist theoretisch auch für Sie sinnvoll, denn es hat gleich zwei Vorteile: Wenn Sie eine neue Technik nutzen, ist die Chance hoch, dass es die Idee noch nicht gab. Und Sie beweisen, dass Sie sich mit der neusten Technik auskennen.

Ein Nachteil dabei ist natürlich, dass eine sehr neue Technik sehr schnell alt wird – aber hey – idealerweise haben Sie dann längst, was Sie wollen.